Kurs SGF BE/FR Steffisburg 21.10.2008

Kursthema: Hauptversammlung

 

Wie ist das korrekte Verhalten bei Ordnungsanträgen…

erweitere ich mit Anträgen im Allgemeinen

 

1.       ORDNUNGSANTRAG: ein Ordnungsantrag ist ein Antrag, der den geplanten Ablauf der Versammlung abändern will. Über einen Ordnungsantrag ist sofort abzustimmen, wobei schon eingegangene Wortmeldungen noch anzuhören sind.

     Beispiel:

- Abbruch der Diskussion

- Änderung der Reihenfolge der Traktanden

  

2.       SACHANTRAG: ein Sachantrag ist ein Vorschlag, wie über ein in der Traktandenliste aufgeführtes Problem entschieden werden soll.    

Beispiel:

-          Erhöhung des Mitgliederbeitrags

-          Mitarbeit im KITA- Projekt der Gemeinde

 

3.       HAUPTANTRAG: ein Hauptantrag ist der ursprüngliche Vorschlag eines Vorstands- oder Vereinsmitgliedes, wie über ein in der Traktandenliste aufgeführtes Problem entschieden werden soll.

 

4.       GEGENANTRAG: ein Gegenantrag ist ein alternativer Vorschlag, wie über ein in der Traktandenliste aufgeführtes Problem entschieden werden soll. Er wird dem Hauptantrag gegenüber gestellt.            

 

5.       ABÄNDERUNGSANTRAG: ein Abänderungsantrag ist ein Verbesserungsvorschlag zu einem Hauptantrag.

 

6.       UNTERABÄNDERUNGSANTRAG: ein Unterabänderungsantrag ist ein Verbesserungsvorschlag zu einem Abänderungsantrag.

 

Beispiel: der Frauenverein X behandelt an seiner Hauptversammlung den Antrag der Präsidentin, den Mitgliederbeitrag sofort von Fr. 20 auf Fr. 28 zu erhöhen. Die Vereinskassierin begründet von der Finanzlage her den Vorschlag.

 

Während der nachfolgenden Diskussion stellt Frau Späth den Antrag, mit der Erhöhung sei noch ein Jahr zuzuwarten, da der Verein ihrer Meinung nach noch über genügend finanzielle Reserven verfüge.

 

Frau Tief unterstützt den Antrag der Präsidentin, will aber den Jahresbeitrag auf bloss Fr. 25 erhöht sehen.

 

Frau Tiefenspäther, als letzte Diskussionsteilnehmerin, schlägt vor, den Beitrag auf Fr. 25 zu erhöhen, aber mit der Erhöhung noch ein Jahr zuzuwarten.

 

Welchen Antragsarten entsprechen die vorgetragenen Meinungen?

 

Beim Antrag der Präsidentin handelt es sich um einen Hauptantrag (Fr. 28 sofort), der Antrag von Frau Späth (Fr. 28 nächstes Jahr) stellt einen Gegenantrag dar. Die Meinung von Frau Tief (Fr. 25 sofort) ist ein Abänderungsantrag zum Hauptantrag der Präsidentin und der Vorschlag von Frau Tiefenspäther (Fr. 25 nächstes Jahr) ist ein Unterabänderungsantrag zum Hauptantrag der Präsidentin, obwohl er von der Sache her dem Vorschlag von Frau Tief ähnlich ist.

 

Wie hat nun die Präsidentin diese vielen Anträge in der Abstimmung zu behandeln?

 

Am zweckmässigsten notiert sie sich diese Anträge oder leiht sich die Protokollnotizen der Protokollführerin, um das weitere Vorgehen sicherzustellen.

 

Persönlicher Typ: die Versammlung kurz unterbrechen, mit der Protokollführererin (und ev. anderen „Expertinnen“) das Abstimmungsprozedere besprechen und dieses dann der Versammlung zur Diskussion stellen. Allfälligen Einwänden kann dann problemlos noch Rechnung getragen werden.

 

Folgendes Abstimmungsprozedere ist im aufgeführten Beispiel korrekt:

 

1. Eventualabstimmungsfrage (= Abstimmungsfragen vor der Schlussabstimmung): wer ist für eine Erhöhung auf Fr. 25 dieses Jahr, wer für eine Erhöhung auf Fr. 25 im nächsten Jahr? - Die Abstimmung ergibt folgendes Resultat: Die Mehrheit ist für eine Erhöhung im nächsten Jahr.

 

Jetzt stellt sie die 2. Eventualabstimmungsfrage: Wer ist für eine Erhöhung auf Fr. 28, wer ist für Fr. 25? - Die Abstimmung ergibt folgendes Resultat: die Mehrheit ist für eine Erhöhung auf Fr. 25. - Somit ist der Präsidentenvorschlag abgeändert worden (Erhöhung nur auf Fr. 25 und erst im nächsten Jahr).

 

Der bereinigte Hauptantrag der Präsidentin wird jetzt dem Gegenantrag von Frau Späth in einer Schlussabstimmungsfrage gegenübergestellt. Dazu stellt die Präsidentin die Schluss­abstim­mungsfrage: Wer ist für eine Erhöhung auf Fr. 25 in diesem Jahr, wer erst für eine Erhöhung im nächsten Jahr? Natürlich ergibt die Abstimmung, dass die Mehrheit für eine Erhöhung erst im nächsten Jahr ist. Obwohl der Ausgang der Schlussabstimmung von vorneherein klar ist, muss die Präsidentin darüber abstimmen lassen, damit ihr kein Verfahrensfehler unterläuft.

 

Jeder gestellte Antrag, der den Vereinsstatuten nicht zuwiderläuft, muss behandelt werden.

 

 

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Diese Zusammenfassung ist aus „Unser Verein“ Beobachter Ratgeber mit einigen persönlichen Anmerkungen.

 

Konolfingen, 19.10.2008 Silvia Leimgruber